Keine „hohen Hochhäuser“ um jeden Preis – für eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung in München

Angesichts der aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel, anhaltender Wachstumsdruck, rasant steigende Mieten und Bodenpreise sowie dem eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnungen begrüßen wir die ehrgeizigen Ziele und Strategien der Landeshauptstadt München, die in Veröffentlichungen wie z.B. „Die nachhaltige Stadt“ (PlanTreff, Februar 2021) formuliert wurden.

München soll bis 2035 klimaneutral werden, öffentlich zugängliche Grün- und Freiräume stärken, nachhaltige Mobilität fördern, bezahlbaren Wohnraum und kulturelle Angebote schaffen – eine Vision, die wir ausdrücklich unterstützen!
Jedoch stehen die aktuellen Hochhausplanungen, wie das Projekt rund um die Paketposthalle und die 2023 beschlossene Hochhausstudie, in einem deutlichen Widerspruch zu diesen Zielen.
Statt zur Lösung der Wohnungsnot beizutragen oder die Klimaziele zu erreichen, drohen diese Projekte, die Boden- und Mietpreise weiter anzuheizen und das soziale Gefüge, die „Stadt im Gleichgewicht“ und den Charme des Münchner Stadtbildes zu beeinträchtigen.

Aus diesem Grund haben wir einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter geschrieben, der auch an die Stadtbaurätin, die Referentin für Klima- und Umweltschutz, den Leiter des Mobilitätsreferates und an die demokratischen Stadtratsfraktionen ging.
Mehr als 80 Bürgerinnen und Bürger haben diesen Offenen Brief bereits unterzeichnet, darunter auch die drei Well-Brüder und die Kabarettisten Gerhard Polt und Helmut Schleich, weitere werden folgen!

Kritik an der Hochhausstudie – Beitrag zur Lösung der Wohnungsnot oder Einfallstor für Investoreninteressen?

Im Jahr 2023 wurden neue Leitlinien für den Umgang mit Hochhäusern beschlossen: die Hochhausstudie legte in der ganzen Stadt „Potenzialgebiete“ für Aufstockung, Hochhäuser und Wolkenkratzer fest.
Aus der Bürgerschaft und der Fachwelt gab es vielfach Kritik an der Studie und Warnungen vor den möglichen Folgen: stadtklimatische und stadtgestalterische Beeinträchtigungen, Konflikte mit den Zielen zu Klimaneutralität, Resilienz und nachhaltiger Bauweise und vor allem mögliche Boden-/Mietpreis-steigerungen sowie der Bruch mit der baukulturellen Identität, denn „München ist keine Hochhausstadt“.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Hochhäuser führen aufgrund ihrer technischen Anforderungen, Energie- und Materialintensität zu hohen Bau- und Unterhaltungskosten, was sie zu einem unökologischen und unwirtschaftlichen Modell macht. Und, anstatt des dringend benötigten bezahlbaren Wohnraums entstehen vor allem hochpreisige Wohnungen und Büroflächen, wie etwa beim 99-Meter-Büroturm „Die Schmiede“ oder dem 100-Meter-Bürogebäude am Richard-Strauss-Ring.

Kritik Paketpost-Areal – eklatante Widersprüche zum Ziel „lebenswerte nachhaltige Quartiere“

Für die Planungen an der Paketposthalle soll das Baurecht mit Billigungsbeschluss durch den Stadtrat im Frühjahr 2025 geschaffen werden. Hier will ein privater Investor ein „dichtes und urbanes“ Quartier inklusive zweier über 150 Meter hoher Zwillingstürme schaffen. Das ist wohl das prominenteste Beispiel für die forcierte Hochhauspolitik in München und es birgt ebenfalls große städtebauliche Risiken!
Bauliche Dichte allein macht noch kein funktionierendes Stadtquartier, beim Paketpost-Areal wurde sie ins Extrem gesteigert: Die Geschossflächenzahl (GFZ) erreicht hier schwindelerregende 5,5 – ein in München noch nie erreichtes Maß! Zulässig gemäß § 17 Baunutzungsverordnung im „Urbanen Gebiet (MU)“ ist eine GFZ 3,0 – mit dieser Quartiersdichte in den beliebten Stadtvierteln wie z.B. Neuhausen, Schwabing oder Westend sind wir vertraut. So wurden dem Investor zigtausend Quadratmeter Geschossfläche „geschenkt“, die ein lukratives handelbares Gut darstellen.
Der Deal: im Gegenzug soll er die denkmalgeschützte Paketposthalle sanieren und zugänglich machen und auch einen Anteil an bezahlbaren Wohnungen bereitstellen.

Forderungen an die Stadtpolitik

Wir fordern eine Revision der Hochhauspolitik Münchens im Sinne einer gemeinwohlorientierten, nachhaltigen Stadtentwicklung. Konkret schlagen wir vor:

1. Begrenzung der Gebäudehöhen:
Hochhäuser sollten künftig eine maximale Höhe von 60 Metern nicht überschreiten.
Denn ab dieser Höhe ist eine ökologische und gemeinwohlorientierte Realisierung nach Stand des Wissens nicht möglich.

2. Änderung des Bebauungsplans für das Paketpost-Areal:
Die Geschossflächenzahl sollte auf maximal 3,0 reduziert und deutlich mehr Grün- und Freiflächen geschaffen werden.
Die beiden Hochhaustürme mit je über 150 Meter Höhe dürfen nicht gebaut werden.#

3. Überarbeitung der Hochhausstudie (2023):
Die dort dargestellten Höhenkategorien „Stadtteilzeichen bis 80 Meter Höhe“ und „Stadtzeichen ab 80 Meter Höhe“ sollten gestrichen werden.
Im „Räumlichen Leitplan“ darf es keine „Potenzialgebiete“ mit Hochhäusern über 60 Meter Höhe geben.

Unser Appell

Der Münchner Stadtrat und Oberbürgermeister Dieter Reiter sind in der Verantwortung, das Versprechen einer „Stadt im Gleichgewicht“ einzulösen.
Damit keine Missverständnisse entstehen: keiner hat etwas gegen ein paar Stockwerke mehr, an der richtigen Stelle!
Aber Tatsache ist, Hochhäuser leisten keinen wirksamen Beitrag zur Lösung der Wohnraumproblematik und sie erbringen keinen Mehrwert für die Stadtgesellschaft.
Sie sind einfach nicht mehr zeitgemäß und schon gar nicht „Enkel tauglich“.

Angesichts des anhaltenden Wachstumsdrucks, der fortschreitenden Immobilienspekulation, von Klimakrise und Ressourcenknappheit halten wir es für dringend geboten,
bei allen Abwägungen im Rahmen städtebaulicher Projekte den Fokus auf Gemeinwohl und Alltagstauglichkeit sowie auf soziale, ökologische, ökonomische und kulturelle Nachhaltigkeit zu richten!

Kontakt für Rückfragen:
Dierk Brandt, Gabriele Heller, München
Email: planer@pg504.de

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