Bevölkerungs-Bremse für München?

Immer mehr Menschen kommen, die Kommune wächst. In Rekordzeit hat sie allein 2015 1300 Kinderbetreuungsplätze geschaffen, doch auch den Schulen geht langsam der Platz aus. Die Folge sind hohe Investitionen, die irgendwann das finanziell Machbare sprengen. Die Rede ist aber nicht von München, sondern von der Gemeine Karlsfeld im Speckgürtel. Und dort wollen sie das Wachstum deckeln. Maximal 25000 Einwohner dürfen rein, aktuell sind es knapp über 22000. Das schreibt der Flächennutzungsplan so vor. Erste Politiker sehen darin nun auch eine Möglichkeit für München: Kommt jetzt die Bevölkerungs-Bremse?

Auch die Landeshauptstadt hinkt bei Kita-Plätzen hinterher, auch hier müssen Schulen neu gebaut und saniert werden – von der Überlastung des öffentlichen Nahverkehrs und des Wohnungsmarkts ganz zu schweigen. „München hat seine Belastungsgrenze überschritten“, sagt ÖDP-Chef Tobias Ruff. Viele Bürger seien genervt, wenn sie in der Früh mit überfüllten Bussen oder U-Bahnen in die Arbeit fahren. „Die Straßen und Radlwege in der Stadt sind permanent dicht, der ÖPNV bricht täglich zusammen. Es wird immer heißer, weil München immer dichter bebaut wird und die Grünflächen immer weniger werden.“

Bei Starkregen laufe das Abwasser in die Isar, weil die Kanalisation überlastet sei. Das Grundwasser steigt, weil immer mehr verdichtet wird. Eltern finden keine Kita-Plätze, alle warten wochenlang auf Arzttermine. Und jetzt ist auch noch unser Stadtsäckel leer, weil die Kosten davonlaufen. „Das Wachstum der Stadt bringt uns um: ökologisch, gesellschaftlich, klimatologisch und nun auch ökonomisch.“

Seine Fraktion fordert nun die Verwaltung auf, ein Konzept zu erarbeiten, wie das Wachstum gedeckelt werden kann. Die Debatte um den Sparzwang habe gezeigt, dass München nicht mehr in der Lage sein wird, das unkontrollierte Wachstum zu moderieren. 2028 droht eine Verschuldung von zehn Milliarden Euro. Dies soll etwa gelingen, indem man keine neuen Bebauungspläne mehr erlässt.

Die Argumente der ÖDP verfangen bei den großen Fraktionen nicht. „Einfach eine Mauer um die Stadt ziehen zu wollen, ist realitätsfremd, rückwärtsgewandt und für eine Weltstadt absolut schädlich“, sagt Grünen-Chef Sebastian Weisenburger. Wachstum sei urbane Realität, ergänzt SPD-Chef Christian Köning. „Wir müssen diese gestalten, anstatt zu glauben, man könnte Entwicklung verhindern.“ Die Stadt brauche die wirtschaftliche Dynamik, „allein schon wegen der Gewerbesteuer“, sagt CSU-Vize Hans Theiss. „Ein kompletter Wachstums-Stopp ist illusorisch und außerdem in München nicht zielführend.“

Schon jetzt spüren die Leute aber die Enge in der Stadt, vor allem im dichtest besiedelten Viertel Schwabing-West. Viel lockerer ist es dagegen noch in Aubing.
Wir waren vor Ort und haben mit den Leuten über das Leben in der Stadt gesprochen. (OEDP München)

© R. Hölzl, das Foto zeigt die Nachverdichtung in Hartmanshofen

Informiert bleiben?!

Münchner Zeitung

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar schreiben